Schatten-KI entsteht heimlich und unbemerkt in Unternehmen. Was kannst du tun, um Chancen zu nutzen und Risiken zu vermeiden?
Ein Gastbeitrag der FB Pro
Übersicht
Der geheime Wildwuchs an KI-Tools
Es gibt zahlreiche Unternehmen, die sehen Künstliche Intelligenz als kritisch an. Oder sie haben keine Idee, wie man die KI-Anwendungen im eigenen Unternehmen fest verankern könnte. Deshalb entwickeln Führungskräfte und Geschäftsführer erst einmal keine KI-Strategie. Man will lieber abwarten, wohin sich der KI-Hype entwickelt.
Doch: In sehr vielen Unternehmen wird bereits mit KI gearbeitet – dies geschieht allerdings oft im Verborgenen. Nicht weil die Nutzung geheim bleiben soll, sondern weil die Mitarbeiter eigenmächtig und ohne Absprachen die neue, faszinierende Technologie einsetzen. Willkommen im Zeitalter der Schatten-KI!
Was versteht man unter Schatten-KI?
Der Begriff „Schatten-KI“ beschreibt den Einsatz von KI-Tools wie ChatGPT, Midjourney oder DeepL ohne das Wissen der IT-Abteilung, ohne Schulungen und ohne klare Regeln. Die Angestellten setzen die Anwendungen eigenmächtig ein, weil sie leicht zugänglich sind und die Arbeit effizienter machen oder zumindest angenehmer gestalten. Zehn Prozent der deutschen Angestellten machen das – sagt eine Bitkom-Studie.
Was auf den ersten Blick nach pragmatischer Eigeninitiative klingt, kann im Unternehmensalltag zu erheblichen Problemen führen. Warum? Das erfährst du in den kommenden Absätzen.
Wo Schatten-KI entsteht – und wie sie genutzt wird
Viele Unternehmen schafften es in den letzten Jahren kaum, mit dem Tempo der technischen Entwicklungen mitzuhalten. Cloud-Speicher, SaaS-Applikationen, E-Commerce, Tablets, Smartboards, Predictive Maintenance, Data Analytics … die voranschreitende Digitalisierung brachte zahlreiche Baustellen hervor, die bis heute nicht fertig sind.
Und dann kam ChatGPT dazu – und löste damit den KI-Boom aus. Während viele Management Boards und IT-Abteilungen noch Konzepte, Strategien und Leitlinien diskutieren, probieren die Mitarbeiter längst aus. Sie schauen selbst, wie sie ihre tägliche Arbeit mit der Hilfe von Künstlicher Intelligenz verbessern können.
Da arbeitet dann zum Beispiel ChatGPT als Onlinemarketing-Assistent, ein KI-Chatbot beantwortet Kunden-Anfragen und die E-Commerce-Kollegen setzen auf KI-Shopping-Lösungen. Das heißt: KI etabliert sich im Unternehmen – aber oft durch die Hintertüre.
Warum Schatten-KI gefährlicher ist, als viele glauben
Was auf den ersten Blick wie ein harmloser Innovationstrend wirkt, kann im schlimmsten Fall zu einem echten Risiko für eine Firma werden. Denn wo Künstliche Intelligenz ohne Kontrolle eingesetzt wird, entstehen neue Grauzonen. Diese sind nicht nur ein technisches Problem, sondern auch ein rechtliches, organisatorisches und kulturelles.
🛑 Datenschutz ist eines der größten Minenfelder
Wer personenbezogene oder vertrauliche Daten in frei zugängliche KI-Tools eingibt, kann damit unwissentlich gegen Datenschutzrichtlinien wie die DSGVO verstoßen. Und die Daten landen oft auf Servern außerhalb der EU, werden gespeichert, analysiert oder gar weiterverarbeitet.
🛑 Die IT-Sicherheit leidet massiv
Viele KI-Applikationen sind nicht auf die Cybersecurity-Maßnahmen abgestimmt. Das bedeutet: Es gibt keine zentrale Überwachung, keine regelmäßigen Updates, keine Sicherheitsprotokolle. Ein unautorisierte Einsatz kann unbemerkt Sicherheitslücken aufreißen, etwa durch das Einschleusen von Schadcode oder durch den Verlust sensibler Inhalte.
🛑 Verantwortung wird unsichtbar
Wenn KI bei der Erstellung von Texten, Berichten oder Designs hilft, bleibt oft unklar, wer der wirklich Urheber eines Inhalts ist. Wer haftet, wenn falsche Informationen verbreitet werden? Wer trägt die Verantwortung, wenn KI-basierte Entscheidungen getroffen wurden, die Schaden anrichten?
🛑 Schleichender Kompetenzverlust
Etablieren sich die „geheimen Helfer“, besteht die Gefahr, dass Mitarbeiter sich zu sehr auf sie verlassen. Kritisches Denken, handwerkliches Können oder kreative Eigenleistung können darunter leiden. Langfristig verlernt das Team, selbst zu reflektieren und zu gestalten. Es delegiert immer mehr an Maschinen, die sich auch phantasieren können (Stichwort: „ChatGPT-Halluzinationen„)
🛑 Kulturelle Spannungen drohen
Wird Schatten-KI entdeckt und sanktioniert, kann das zu Vertrauensbrüchen führen. Die Nutzer fühlen sich kontrolliert oder unverstanden. Und Führungskräfte verlieren das Gespür dafür, wie ihre Teams wirklich arbeiten. In Folge entstehen eventuell Frust und Unsicherheit – und daraus eine Blockade-Haltung gegenüber anderen Innovationen.
Erste Gegenmaßnahme: der EU AI Act
Angesichts der potentiellen Risiken, die KI-Systeme mit sich bringen, hat die Europäische Union den AI Act eingeführt – in Deutschland als KI-Verordnung bekannt. Ziel ist es, die Entwicklung und Nutzung von KI-basierten Systemen zu regulieren, Grundrechte zu schützen und Sicherheitsrisiken zu minimieren.
Damit diese Vorhaben gelingen, legte die Europäische Union einen mehrjährigen Fahrplan vor. An diesen müssen sich alle betroffene Unternehmen halten. Zudem nahm man eine Klassifizierung vor, bei der die verschiedenen Arten von KI-Technologien in vier Risikokategorien eingeteilt werden: “Unacceptable Risk”, “High Risk”, “Limited Risk” und “Minimal Risk”.
Beispiele, was damit gemeint ist
Als “Unzulässiges Risiko” gelten KI-Anwendungen, die als zu gefährlich für die Grundrechte und die öffentliche Sicherheit eingestuft werden – und daher verboten sind. Dazu zählen beispielsweise Social-Scoring-Systeme.
KI-Systeme, die in kritischen Bereichen wie im Straßenverkehr oder in der Medizin zum Einsatz kommen, bei denen Fehler schwerwiegende Auswirkungen auf Sicherheit, Gesundheit oder Grundrechte haben, gehören in die Kategorie “Hohes Risiko”.
Chatbots, bei denen klar kommuniziert werden muss, dass die Antworten von einer Künstlichen Intelligenz stammen, haben das Label “Begrenztes Risiko”.
KI-gesteuerte Bots in Games oder Spam-Filter von Mailprogrammen fallen unter die Kategorie “Minimales Risiko”.
Wie Unternehmen sinnvoll mit Schatten-KI umgehen können
Der erste Schritt ist ein Perspektivwechsel: Schatten-KI ist kein Feind, sondern ein Symptom. Es zeigt, dass deine Mitarbeiter das Bedürfnis haben, die neuen Technologien zu nutzen. Dieses Bedürfnis zu unterdrücken, wäre nicht nur wirkungslos, sondern auch kontraproduktiv.
Viel sinnvoller ist es, Strukturen zu schaffen, die den Einsatz von KI in deiner Firma ermöglichen – aber sicher, transparent und verantwortungsvoll. Dazu gehören diese Maßnahmen:
✅ Gelebte Transparenz
Sprich offen über KI-Nutzung. Frage deine Kollegen, welche Tools sie nutzen – ohne Drohkulisse. Wer versteht, dass es nicht um Verbote, sondern um gemeinsame Gestaltung geht, wird eher bereit sein, offen zu sprechen.
✅ Proaktive Sicherheitsmaßnahmen
Lasse KI-Systeme nur auf unkritischen Systemen zu. Sorge dafür, dass die Anwendungen sicher konfiguriert werden und derart ein bestmöglicher KI-Datenschutz entsteht. Ergreife weitere Maßnahmen für die sogenannte “KI-Härtung”.
✅ Erstelle Leitlinien
Regelwerke müssen helfen, nicht bremsen. Beschreibe, was in Sachen KI-Nutzung erlaubt ist und was verboten. Zeige also, wie man mit Künstliche Intelligenz verantwortungsvoll umgeht.
✅ Biete Lösungen an
Wenn du weißt, welche KI-Applikationen beliebt sind, prüfe, ob du sie sicher und datenschutzkonform einführen kannst. Eine firmeneigene ChatGPT-Instanz, eine Midjourney-Alternative oder eine KI-gestützte CRM-Plattform mit Zugriffskontrolle kann Schatten-KI regulieren.
✅ Schule dein Team
Nicht jeder kennt die Grenzen und Gefahren von Künstlicher Intelligenz. Allgemeine KI-Kurse und spezielle ChatGPT-Weiterbildungen helfen, Risiken besser einzuschätzen und Potenziale gezielt zu nutzen.
✅ Fördere Feedback
Technologie darf kein Elfenbeinturm sein. Hole regelmäßig Rückmeldungen aus den Teams ein, beobachte neue Trends und passe deine Regeln dynamisch an. So bleibt deine KI-Strategie aktuell – und praxisnah.
Fazit
Schatten-KI zeigt, dass Menschen handeln, wenn Strukturen fehlen. Sie ist weder ein Akt der Rebellion, noch ein Sicherheitsproblem per se – sondern ein Zeichen für Innovationsdrang. Doch Innovation ohne Regeln wird schnell zur Gefahr.
Deshalb ist es wichtig, nicht wegzuschauen, sondern genau hinzusehen. Es müssen bessere Strukturen geschaffen werden, um den Schutz von Firmengeheimnissen und Kundendaten zu geährleisten.
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Über den Autor: Die FB Pro bietet Lösungen für die automatisierte Systemhärtung. Selbst entwickelte Werkzeuge wie der Enforce Administrator sorgen dafür, dass große und komplexe IT-Landschaften dauerhaft sicher konfiguriert und damit „gehärtet“ werden.
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